Pressemitteilungen
Heute (27. Januar) vor 80 Jahren wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust: „Unsere Gedanken sind heute bei den Opfern des menschenverachtenden Terrors der Nationalsozialisten. Auschwitz mahnt uns alle, dass Demokratie und Menschenrechte Tag für Tag verteidigt werden müssen. Der Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus ist eine Daueraufgabe, der wir uns in der bayerischen Justiz Tag für Tag stellen.“
Die Zahl antisemitischer Straftaten in Bayern, Deutschland und Europa steigt seit langem. Eisenreich: „Mir ist es ein persönliches Anliegen, dass sich Jüdinnen und Juden in Bayern sicher fühlen können. Judenhass gibt es an den Rändern, in der Mitte der Gesellschaft und unter Zuwanderern. Der Rechtsstaat muss klare Grenzen setzen und Jüdinnen und Juden schützen.“
Polizei und Staatsanwaltschaften verfolgen antisemitische Straftaten konsequent. Bei jedem Anfangsverdacht von Straftaten wie Volksverhetzung oder der Billigung von Straftaten schreiten sie ein. Wer die Parole „From the river to the sea“ verwendet, muss nach Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft München in Bayern mit Ermittlungen rechnen. Das Verbreiten bzw. öffentliche Verwenden dieser Parole etwa über soziale Medien wie Facebook oder Tiktok begründet nach Auffassung der bayerischen Staatsanwaltschaften einen Anfangsverdacht des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Das Amtsgericht Sonthofen wie auch das Amtsgericht Fürstenfeldbruck haben diese Linie bestätigt und Angeklagte deswegen verurteilt. Es sind die bundesweit ersten Entscheidungen, die rechtskräftig wurden. Bislang gibt es in Bayern etwa 20 Verfahren wegen Verwendens der Hamas-Parole „From the river to the sea“. Zwischen dem 7. Oktober 2023 bis Ende 2024 wurden in Bayern insgesamt 369 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Terror-Angriff der Hamas eingeleitet.
Eisenreich: „Wir in Deutschland haben eine besondere Verantwortung für Jüdinnen und Juden. Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine Daueraufgabe für Staat und Gesellschaft.“
Hintergrund:
Die bayerische Justiz geht mit einem Bündel an Maßnahmen gegen antisemitische Straftaten vor und hat seine Strukturen frühzeitig gestärkt.
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2018 wurden drei Antisemitismus-Beauftragte der bayerischen Justiz bei den drei Generalstaatsanwaltschaften München, Nürnberg und Bamberg eingesetzt.
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Ende des Jahres 2021 wurden bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner Antisemitismus etabliert. Seit Oktober 2021 hat die bayerische Justiz daneben einen Zentralen Antisemitismusbeauftragten.
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Nach dem Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 koordinierte der Zentrale Antisemitismusbeauftragte mit den drei Antisemitismus-Beauftragten und den Ansprechpartnern Antisemitismus, wie strafrechtlich mit den Aktionen antiisraelischer Akteure (digital wie analog) umzugehen ist. Wer die Parole „From the river to the sea“ verwendet, muss nach Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft München in Bayern mit Ermittlungen rechnen. Ausschlaggebend war, dass das Bundesinnenministerium die Parole als Kennzeichen der Hamas eingestuft hat. Ob die jeweilige Äußerung einen Straftatbestand erfüllt, entscheiden die Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit.
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Auf Initiative Bayerns hat sich die Justizministerkonferenz im Frühjahr 2022 dafür eingesetzt, die Strukturen und die Vernetzung der Länderjustiz im Kampf gegen Antisemitismus weiter zu verstärken. Zum Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland sollen die Länder prüfen, Antisemitismusbeauftragte bei den (General-)Staatsanwaltschaften oder vergleichbare Strukturen zu etablieren.
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Im Januar 2020 wurde Deutschlands erster Hate-Speech-Beauftragter vom bayerischen Justizminister bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München zentral für ganz Bayern bestellt. Parallel dazu wurden Sonderdezernate für die Bekämpfung von strafbarer Hate Speech bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften eingerichtet. Zur effektiven Bekämpfung von strafbarer Hate Speech müssen den Opfern möglichst niedrigschwellige Möglichkeiten zur Erstattung einer Strafanzeige zur Verfügung stehen. Daher hat das bayerische Justizministerium spezielle Online-Meldeverfahren für Online-Straftaten mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet. Für Online-Straftaten mit antisemitischem Hintergrund hat die bayerische Justiz ein Online-Meldeverfahren mit der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS) etabliert.
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Damit antisemitische Motive nicht im Dunkeln bleiben, haben die drei Antisemitismus-Beauftragten der bayerischen Generalstaatsanwaltschaften einen Leitfaden für Staatsanwälte entwickelt. Mit dem auch international beachteten Leitfaden können antisemitische Motive leichter entschlüsselt werden (z. B. anhand von Nazi-Jahrestagen oder Codes).
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Bayern hat als erstes Bundesland in Deutschland die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angenommen.
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Von Seiten der Justiz wurde gemeinsam mit der Bayerischen Polizei eine Informationskarte für Geschädigte von Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus erstellt, welche bayernweit, insbesondere an jüdische Haushalte verteilt wurde. Durch diese sollen Geschädigte von antisemitischen Straftaten zur Anzeigeerstattung ermutigt werden. Zudem sollen Hilfsangebote unterbreitet werden.
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Auf der zentralen Landingpage www.bayern-gegen-hass.de stehen Bürgerinnen und Bürgern in Bayern Links und Informationen zu allen Angeboten der Staatsregierung rund um das Thema Hate Speech zur Verfügung.
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Bayern hat sich rechtspolitisch in Berlin eingesetzt: Eine judenfeindliche Motivation wird im Gesetz ausdrücklich als strafschärfendes Tatmerkmal genannt. Die Bundesregierung hat den Vorschlag des Freistaats im Jahr 2021 aufgegriffen (§ 46 Absatz 2 Strafgesetzbuch). Eisenreich: „Unser bayerischer Vorschlag zur Ergänzung der Strafzumessungsregel in § 46 des Strafgesetzbuches um ‚antisemitische‘ Beweggründe wurde eins zu eins übernommen. Das ist ein klares Signal gegen Judenfeindlichkeit und Ausgrenzung.“
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Im April 2023 trat das Justizministerium dem Bayerischen Bündnis für Toleranz bei. Eisenreich: „Das Bayerische Bündnis für Toleranz tritt für den Schutz von Demokratie und Menschenwürde ein. Hierzu leistet es insbesondere durch die Organisation von Veranstaltungen zu Rechtsextremismus und Antisemitismus einen wichtigen Beitrag. Mit unserem Beitritt zum Bündnis vernetzen wir uns weiter im Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus.“
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Nach dem barbarischen Angriff der Hamas auf die Menschen in Israel und auf den Staat Israel hat Justizminister Eisenreich Ende Oktober 2023 die Vize-Generalkonsulin des Staates Israel Kasa Bainesay-Harbor, den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland Dr. Josef Schuster, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch und den Beauftragten der bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe Dr. Ludwig Spaenle zum gemeinsamen Austausch mit den Antisemitismusbeauftragten der bayerischen Justiz und den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der bayerischen Staatsanwaltschaften zur Bekämpfung von antisemitischen Straftaten in den Justizpalast eingeladen.
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Im November 2023 empfing Eisenreich die Sonderbeauftragte der US-Regierung für die Beobachtung und Bekämpfung von Antisemitismus, Deborah Lipstadt.
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Bayern setzt sich seit der Entkriminalisierung der „Sympathiewerbung“ für terroristische Vereinigungen im Jahr 2002 auf Bundesebene für eine Wiedereinführung der früheren Regelung ein, u. a. durch Anträge im Bundesrat und Schreiben an den Bundesjustizminister. Am 24. November 2023 hat Bayern einen entsprechenden Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht.
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Bei Aktionstagen Antisemitismus von Polizei und Justiz kam es am 21. November 2023 bayernweit zu 17 und am 12. November 2024 zu 18 Hausdurchsuchungen.
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Bayern setzt sich mit Nachdruck dafür ein, die großen Online-Plattformen zum Melden und Löschen strafbarer Inhalte zu verpflichten. Deshalb hat die Justizministerkonferenz den Bund auf Initiative Bayerns mehrfach aufgefordert, die rechtlichen Vorgaben dringend in diesen zwei Punkten nachzubessern.
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Kooperation mit MAKKABI Deutschland. Zum Schutz jüdischer Sportlerinnen und Sportler hat die bayerische Justiz im November 2024 eine Kooperation mit dem jüdischen Dachsportverband in Deutschland zur Meldung von Straftaten auf dem Sportplatz geschlossen.
Gleichzeitig wurden zahlreiche Projekte zur Schärfung des historischen Bewusstseins für das nationalsozialistische Unrecht auf den Weg gebracht.
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Neugestaltung der Weiße-Rose-Ausstellung im Münchner Justizpalast. 2019 hat Justizminister Eisenreich entschieden, diese neu zu konzeptionieren. Die neue Dauerausstellung „Willkür im Namen des Deutschen Volkes“ führt die Zerstörung des Rechtsstaats durch die Nationalsozialisten plastisch vor Augen. Eisenreich: „Staat und Gesellschaft müssen sich konsequent gegen Hass, Ausgrenzung und antidemokratisches Denken wehren. Daran erinnern uns die Schicksale der Widerstandskämpfer der Weißen Rose.“
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Juristenausbildung: In der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) wurde ausdrücklich klargestellt, dass das rechtswissenschaftliche Studium und die Erste Juristische Staatsprüfung, auch die ethischen Grundlagen des Rechts berücksichtigen. Eisenreich: „Juristinnen und Juristen müssen aus den dunklen Kapiteln unserer Vergangenheit lernen und sich mit den gravierenden Folgen eines von rechtsstaatlichen Maßstäben losgelösten juristischen Handelns auseinandersetzen.“
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Aufarbeitung: Das renommierte Institut für Zeitgeschichte hat zudem im Auftrag von Justizminister Eisenreich die NS-Vergangenheit der Juristen und Namensgeber juristischer Standardwerke Otto Palandt und Heinrich Schönfelder untersucht und klare Belege für eine nationalsozialistische Gesinnung gefunden. Die Studie wurde im Juni 2023 vorgestellt. Eisenreich: „Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Palandt und Schönfelder waren Nationalsozialisten und haben die Pervertierung des Rechtsstaats in der NS-Zeit unterstützt und vorangetrieben. Deshalb war die Umbenennung der beiden juristischen Standardwerke richtig und notwendig.“
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Gedenk- und Informationstafeln an der Justizvollzugsanstalt München wurden im Juli 2020 auf Anregung der Stadt München aufgestellt. Eisenreich: „In Stadelheim wurden massenhaft Urteile und Strafen vollstreckt, die das Recht mit Füßen traten und unermessliches Leid über die Opfer und ihre Familien brachten.“
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Prävention im Bereich Hass und Hetze unter Schülern ist Gegenstand der gemeinsamen sehr erfolgreichen und preisgekrönten Kampagne der Staatsministerien der Justiz und für Unterricht und Kultus „Mach dein Handy nicht zur Waffe!“ (https://www.machdeinhandynichtzurwaffe.de/). Zentraler Baustein der Kampagne ist ein Video des TikTok-Influencers Falco Punch. Eisenreich: „Schülerinnen und Schülern ist oft nicht bewusst, wie schnell sie sich strafbar machen können. Die Masse handelt aus Spaß, Neugier oder Unbedachtheit. Deshalb haben wir zur Aufklärung die sehr erfolgreiche und preisgekrönte Präventionskampagne entwickelt.“
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Faces for the names: Lichtdenkmale für die Opfer des NS-Terrors wurden zunächst im Februar 2021 auf die Anstaltsmauer von Stadelheim projiziert. Ein Projekt des Vereins J.E.W.S. „Jews Engaged With Society e.V.“ mit dem Vorstandsvorsitzenden Terry Swartzberg. Im März 2023 wurde diese auch auf der Fassade des Münchner Justizpalastes gezeigt. Münchner Schulen haben gemeinsam mit dem Verein J.E.W.S die Biografien von Widerstandskämpfern in dem Projekt „Faces for the names“ aufgearbeitet und im Juli 2023 im Justizpalast präsentiert. Im April 2024 gab es gemeinsam mit J.E.W.S. ein Lichtdenkmal für Frauen im Widerstand am Münchner Justizpalast.
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An das Schicksal jüdischer Juristinnen und Juristen der Bayerischen Justiz erinnerte eine Diskussionsrunde im März 2022 im Münchner Justizpalast. Eisenreich: „Menschen, die ihr Leben in den Dienst des Rechts gestellt hatten, wurden selbst jeglicher Rechte beraubt, verfolgt oder sogar ermordet. Nur weil sie jüdischen Glaubens waren. Die menschenverachtende Pervertierung des Rechtsstaats durch das NS-Regime mahnt uns alle, dass wir Menschenrechte, Frieden und Freiheit Tag für Tag verteidigen müssen.“
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Gedenken an jüdische Justizbeamte: In allen drei Oberlandesgerichtsbezirken sollen Ausbildungsräume nach jüdischen Justizbediensteten umbenannt werden, die im Nationalsozialismus entrechtet, verfolgt oder sogar ermordet wurden.
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Justizminister Eisenreich hat am 13. Mai 2024 die Ausstellung „Protokoll eines Justizversagens – 100 Jahre Hitler-Prozess“ eröffnet. Im Zentrum stand eine Installation falsch zusammengebauter Stühle, die von der Lichtkuppel des Justizpalastes hängen. Eisenreich: „Die Justiz hat damals eine unrühmliche Rolle gespielt und Hitler nicht gestoppt, obwohl es ihre Pflicht gewesen wäre. Sie hat es zugelassen, dass Hitler den Gerichtssaal als Bühne für seine menschenverachtende Propaganda nutzen und davon sogar noch profitieren konnte. Die Lehre für heute: Wehret den Anfängen. Jede Form von Extremismus muss von Anfang an klar und entschlossen bekämpft werden.“
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Justizminister Eisenreich hat am 12. September 2024 die Ausstellung „Auf derselben Seite – Die Letzten der ‚Gerechten unter den Völkern'“ im Justizpalast München eröffnet. Es sind stille Helden, die Haltung in der NS-Zeit gezeigt und gelebt haben. Die Künstler, die Münchnerin Lydia Bergida und der Berliner Marco Limberg, porträtieren in ihren fotografischen Erzählungen einige der letzten lebenden „Gerechten unter den Völkern“. Der Ehrentitel wird von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem an nicht-jüdische Menschen verliehen, die während der NS-Zeit Jüdinnen und Juden gerettet haben.
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Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien. Sie wurde 2014 gegründet und soll an diesem historischen Schauplatz einen Beitrag leisten, den Frieden mit Mitteln des Rechts zu sichern. Der Freistaat brachte fast die Hälfte des Gründungskapitals auf.
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